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„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ _Johann Wolfgang von Goethe

DER GRÖFAZ und sein Reich

"Der größte Führer aller Zeiten" war vor zehn Jahren also wieder da, als Hauptfigur eines Buches und im Film. Oft war der Film ausverkauft. Es war eine Komödie. Aha. 

In den Akten der Gemeinde Flarchheim findet sich ein vertraulicher Befehl Adolf Hitlers vom 26. Juni 1943 an alle Behörden des Reiches: „Der Führer wünscht, in Zukunft im innerdeutschen Verkehr durchweg also auch in Gesetzen, Erlassen und Verordnungen, ausschließlich als `Der Führer´ bezeichnet zu werden.“

Im formellen [Brief]Verkehr mit dem Ausland wird die Bezeichnung `Führer des Großdeutschen Reiches´ Pflicht. (…) „Als Anrede sollen Deutsche ausschließlich die Anrede `Mein Führer´, Ausländer die Anrede `Führer´ gebrauchen.“ Weiterhin verfügt Hitler, im amtlichen Sprachgebrauch statt „Deutsches Reich“ die Formulierung „Großdeutsches Reich“ zu verwenden. Die Mitteilung endet mit dem Befehl: „Eine Veröffentlichung dieses Rundschreibens in Gesetz- und Verordnungsblättern sowie durch Presse und Rundfunk hat zu unterbleiben.“

Die Bedeutung dieses Befehls ergibt sich aus seiner zeitlichen Einordnung in folgende Ereignisse. Am 27. November 1941 erklärte der Führer dem dänischen Außenminister: "Wenn das deutsche Volk einmal nicht mehr stark und opferbereit genug sei, sein eigenes Blut für seine Existenz einzusetzen, so soll es vergehen und von einer anderen stärkeren Macht vernichtet werden."

Der Führer nahm also den Untergang des deutschen Volkes billigend in Kauf. (Zitat nach Hitlergespräche. „An sich vernichtet“. Der Spiegel 13/1967, S.90) Wie kein anderer Herrscher der Geschichte besaß Adolf Hitler persönliche absolute Macht über den Deutschen Staatsapparat, die Wehrmacht und über jeden einzelnen Deutschen. Diese Rechte wurden Hitler vom Reichstag am 26. April 1942 verliehen. (Vgl. Reichsgesetzblatt 1942 I S. 247)

Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges wurde diese Macht direkt oder indirekt brutal durchgesetzt. Dazu fanden sich willige Helfer. Selbst die Deutschen, die Hitler als ihren Führer anerkannten, galten für Hitler nur so lange als lebenswert, wie sie für seine Welteroberungsphantasien taugten. Anfang Januar 1943 wird die Lage der bei Stalingrad eingeschlossenen 6. Armee der deutschen Wehrmacht aussichtslos. Vorräte und Soldaten sind am Ende. In Kenntnis dieser Tatsache befiehlt Hitler am 8. Januar 1943 der 6. Armee:

"Verbiete Kapitulation! Die Armee hält ihre Position bis zum letzten Mann und bis zur letzten Patrone und leistet durch ihr heldenhaftes Aushalten einen unvergeßlichen Beitrag zum Aufbau der Abwehrfront und der Rettung des Abendlandes."

Die 6. Armee kapituliert trotzdem Ende Januar. Die Wehrmacht verliert über 250.000 Mann durch Tod oder Gefangenschaft. Für Nazi-Deutschland war der Krieg nicht mehr zu gewinnen. (Zitat nach Stern online. 28.11.2003, 09:54 Uhr)

Am 18. Februar 1943 verkündet der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels den „totalen Krieg“ in seiner berüchtigten Rede im Sportpalast vor namentlich geladenem Partei-Publikum. Wer wann zu rufen und zu klatschen hatte, war einstudiert. Ein Teil des Beifalls kam vom Tonband. Goebbels selber bezeichnete die Ereignisse im Sportpalast während seiner Rede als „Stunde der Idiotie“. (Vgl. Der Spiegel 46/1967) Vier Monate später folgt der eingangs genannte Befehl Hitlers an jeden Deutschen, ihn „Mein Führer“ zu nennen und gegenüber dem Ausland als „Großdeutsches Reich“ aufzutreten.

Täglich wurde das Großdeutsche Reich kleiner, die Front rückte immer näher an Deutschland heran. Am Ende steht die Bilanz: Der zweite Weltkrieg trieb durch Kampfhandlungen und zivilen Terror mehr als 50 Millionen Menschen in den Tod und stürzte damit auch ebenso viele Familien ins Unglück. Jeder Tote hat zumindest Eltern. Die Opfer starben in Angst und unter Schmerzen: erschossen, verblutet, zerfetzt, vergast, erfroren, verhungert, vergewaltigt, verreckt.

Auf deutscher Seite starben etwa vier Millionen Soldaten sowie 1,65 Millionen Zivilisten. Dazu kommen etwa eine Millionen Deutsche, die in Konzentrationslagern ermordet wurden. Oft ungezählt blieben die Opfer der Bombardierung ganzer Städte sowie die lebenden und toten Opfer von Flucht und Vertreibung. (Zahlen laut Deutsches Historisches Museum in Berlin, 2012) Diese fast sieben Millionen Deutsche führte der Führer und sein real existierender Nationalsozialismus in Qualen, Untergang und Vernichtung.

Wer heute noch mit dem Nationalsozialismus sympathisiert, der muss sich an den Opfern messen lassen.

Meine deutsche Einheit

Ich war jung genug, um direkt von der Deutschen Einheit zu profitieren. Das war und ist nicht allen vergönnt. Ich weiß. 

Die Monate des Umbruchs der zum Aufbruch wurde, waren glückliche Monate für mich. Für andere nicht, das achte ich. Wer nicht mehr jung genug war, für den war es schwer, weil vermeintliche Sicherheit wegbrach. 

Ich war jung genug und durfte in Göttingen, im Westen, meinen Traum studieren: Geschichte und Völkerkunde. Und ich durfte und konnte mit fuffzig nochmal studieren, Archivwissenschaft in Potsdam. So wurde ich Magister und Master.

Nach meiner DDR-Erfahrung der staatlichen Zuteilung von Studienplätzen, war das großartig. Dadurch habe ich aber auch schon in der DDR studiert und genoss das damalige Studentenleben in Weimar. In drei vier Monaten 1990 explodierte die schöne und gesellige Kreativität in der Goethe-Schiller-Stadt. 

Aber was war das für ein Paradies für mich: Die Universitätsbibliothek in Göttingen: So viele Bücher, vollgestopft mit Wissen. Ich fühlte mich wie eine Maus in der nächtlichen Käserei. Und die Oberräte und Professoren erzählten mir so viel über Geschichte. Gut, einige waren als Redner nicht auszuhalten. Aber die überaus meisten machten mich bekannt mit Dingen, die ich wissen wollte. Die saugte ich ein.

Und ich konnte nach Nord- und Mittelamerika reisen, mit Rucksack  durch Guatemala. Und ich bin dankbar, mit Andalusien und Frankreich wirklich verbunden sein zu dürfen. Ich erreichte kurz nach der Wende per Fahrrad das Mittelmeer in Saintes-Maries-de-la-Mer, das prägt mich bis heute. Tief, profund y/i/et profundo. Ich war und bin so oft in Südfrankreich, Leute in meine Heimat vermuten, ich hätte Kinder dort.

Ich bin dankbar, in Amerika, Westdeutschland und Westberlin, Frankreich und Katalonien sehr gute Freundinnen und Freunde gefunden zu haben. Die ich auch besuchen darf, wann ich will und kann und Urlaub habe. Ich fühle mich heimisch in Göttingen, München, Berlin. Meine Lebenswurzeln pulsieren aber in der Vogtei, Mühlhausen und im Hainich. Ich bin Thüringer. Punkt.

Ich danke glücklich meine Freunde und besten Bekannten, die ich finden durfte, überall. Ich danke Euch. 

Und ich bin froh, ein Ossi zu sein, beide Systeme erlebt zu haben. Und immer Thüringer geblieben zu sein. Hier wurzele ich tief und tiefer. Seelische Nahrung finde ich aber auch in Süd- und Mittelfrankreich und Andalusien. 

Und ich darf beruflich in die Geschichte eintauchen als Historiker und als Archivar Entscheidungen fällen, die die nächsten Jahrhunderte betreffen. Ich bin Archivar. Ich bestimme, was bleibt. So wie Archivare vor mir schon Archive füllten. 

Seit neun Jahren fotografiere ich Vogteier Rechnungsgesellschaften

Die Rechnungsgesellschaft Oberdorla 2016 von mir fotografiert.
Die Rechnungsgesellschaft Oberdorla 2016 von mir fotografiert.

Die Rechnungsgesellschaften der Vogtei Kirmes 2025 von mir fotografiert, von oben Oberdorla, Langula und Niederdorla.
Die Rechnungsgesellschaften der Vogtei Kirmes 2025 von mir fotografiert, von oben Oberdorla, Langula und Niederdorla.

Seit neun Jahren fotografiere ich Rechnungsgesellschaften der Vogtei. In der Rechnungsgesellschaft feiert die Jugend eines Dorfes auf gemeinsame Rechnung Pfingsten und Kirmes. So in den Dörfern der Vogtei Langula, Niederdorla und Oberdorla. Was Pfingsten und Kirmes passiert, wird kurz Rechnung genannt.

Vor neun Jahren wurde ich gebeten, die Rechnung in Oberdorla zu fotografieren, an deren Kirmessonntag. Ich fotografierte den Tanz auf dem Anger und den Zug um den Anger. Ich machte viele Fotos von großen und kleinen Gruppen.

Später sah mein Cousin die Aufnahmen. Er war viele Jahre lang nicht in der Vogtei. Er sah die Fotos. Erinnerte sich an seine Jugend und meinte: Es gibt viele schöne Frauen in Oberdorla.

Nach dem besagten Kirmessonntag fuhr ich nach Niederdorla. Ich bin ein Niederdorlaer Vogteier.

In Niederdorla wurde ich gefragt, ob ich die Rechnungsgesellschaft mal fotografieren könne. Gern. Wir überlegten den Ort der Aufnahme und fanden die Treppe vor der Schenke.

Seit neun Jahren fotografiere ich dort die Rechnungsgesellschaft Niederdorla. Ich trat ein in deren Verein. Und trage stolz unser T-Shirt und die Jacke.

Die schönen Fotos meiner Niederdorlaer Rechnungsgesellschaft macht ein toller Fotograf aus Oberdorla. Er arrangiert als Profi.

Ich möchte Lebendigkeit einfangen und bewahren. Ich arrangiere nicht. So steht zusammen, wer mag. Dadurch wird der Geist der jeweiligen Rechnung sichtbar und erhalten. So bleibt erhalten, was durch Arrangieren verloren geht.

Jeder ist ein eigener Mensch. Uns unterscheidet, was wir keinem erzählen. Das wird aber sichtbar. Ich möchte die einzelnen Menschen in der Gruppe zeigen. Die einzigartigen Steinchen im Mosaik leuchten lassen. Die Gruppe der Rechnung findet sich. Nach neun Jahren durfte ich nun alle drei Rechnungsgesellschaften fotografieren.

Die drei Fotos zeigen die drei Aspekte der Rechnung:
Die Oberdorlaer zeigen das ausgelassene Feiern. Den Vogteier Willen zum Feiern bestätigte schon vor 751 Jahren eine Urkunde.

Die Langulaer zeigen die Verbindung von Jugend und Tradition. Kamerten und Eveliese sind dabei. Sie tragen alte Vogteier Tracht.

Kamerten und Eveliese sind zwei Vogteier Symbole. Sie stehen für Zwist und Anziehung zwischen Mann und Frau.

In ihrem Dialog erzählt das Pärchen lustige Ereignisse aus dem vergangenen Jahr. Kamerten schießt männliche Pointen, Eveliese sticht mit spitzer Zunge. Mancher wird getroffen.
Lustige und skurrile Ereignisse im Dorf kommen in die Kirmes-Predigt. Kamerten und Eveliese bleiben durch ihre Darsteller ohne Alter. In Langula heißt Eveliese Katterliese. 

Weil immer die aktuelle Jugend Rechnung feiert, bleibt die Rechnung ewig jung. Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Die Niederdorlaer stellen auf dem Foto die Festlichkeit dar: Mädchen und junge Frauen tragen schönste Kleider. Burschen tragen feinen Zwirn. Kirmes ist auch ein festliches Fest.

Und seit mindestens 751 Jahren knurren die jeweils Alten, die Jugend mache das nicht und dies nicht. Natürlich nicht, sie leben eben die Wildheit der Jugend. Sie sind lebendig.

Zu Pfingsten und zu Kirmes bleiben Jahrhunderte immer wieder jung und eben lebendig. Ein grüner lebender Baum wurzelt in der Vergangenheit, wächst in der Gegenwart und stebt der Zukunft zu.

Die Antwort, warum ich seit 9 Jahren die Rechnungsgesellschaften fotografiere: Weil's Rock'n'Roll ist. 

Die Farben der deutschen Flagge

Das Bild zeigt das Wappen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation bis 1400. Danach wurde der Adler doppelköpfig. Die Farben blieben. Quelle der Grafik: Wikipedia. 

Die Farben Schwarz-Rot-Gold als Farben für deutsche Staaten oder Bünde sind älter als Uniform-Farben des Lützowscher Freikorps.

Das Freikorps des Majors von Lützow war eine paramilitärische Vereinigungen von Freiwilligen. Sie kämpften auf Seiten der preußischen Armee gegen die Truppen von Napoleon I..

Somit umging Preußen die Auflagen Napoleons zur Größe der preußischen Armee. 

Außerdem fanden sich im Freikorps Kämpfer aus allen deutschen Gebieten zusammen. Sie wollten gegen die Truppen Napoleons kämpfen. Egal, was sie sonst waren. Damit wurde das Lützower Freikorps ein Symbol für die deutsche Einheit. 

Militärisch war diese Truppe nicht sehr erfolgreich. Ihnen fehlte eine gründliche militärische Ausbildung, die eben ihre Zeit braucht. 

Aber das Freikorps zeigte der damaligen Gegenwart: Deutsche können für ein gemeinsames Ziel gemeinsam handeln. 

Da es für die Freiwilligen nicht genug Uniformen gab, färbte man alle Mäntel schwarz, die Kragen-Aufschläge rot und die Knöpfe waren goldfarben. 

Wie kam man auf diese Farben?

Unter dem Druck Napoleons wurde 1806 das Heilige Römische Reich deutscher Nation aufgelöst. Napoleon wollte kein Symbol haben, unter dem sich die Deutschen vereinigen könnten. 

Das Wappen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation zeigte auf goldenen Grund einen schwarzen Adler mit rotem Schnabel und roten Krallen. In der Wappenkunde werden Schnabel und Krallen "Waffen" genannt. 

Auf diese Wappenfarben bezog sich die Uniform des Lützower Freikorps. Wobei Gold in der Wappenkunde nicht als Farbe, sondern als "Metall" gilt. 

Die Flagge in den Farben Schwarz-Weiß-Rot bezieht sich auf die Fahne des Heiligen Römischen Reiches, wenn der Adler zu kleinteilig war, um erkannt zu werden. So wurden Schilder von Kämpfern mit weißem Kreuz in Rot bemalt. Der schwarze Balken steht für die preußische Dominanz im Deutschen Bund (1815-1866) und Deutschen Kaiserreich (1870-1919). 

Von Menschen und Göttern und der Vernunft


Wir bleiben auf dem Feensteig 

Über die Götterwelt der Germanen gibt es nur wenige Quellen. Caesar und Tacitus schrieben Infos auf. Dann verfasste im 13. Jahrhundert der Isländer Snorri zwei Bücher über die germanischen Götter, die beiden Eddas, und dann haben wir die Merseburger Zaubersprüche. Das sind Heilzauber für verletzte Pferde. 

Allerdings gibt es noch indirekte Quellen: 

1. Die Germanen waren Indoeuropäer, wie die Kelten, Griechen, Römer, Slawen, Perser und Nord-Inder. Über deren Götterwelt gibt es auch Infos und Quellen. Es gibt Parallelen. 

2. Die Germanen durchliefen, wie andere Kulturen, eine Entwicklung von der Urzeit zur Antike. In der Urzeit war die Verbindung zur Natur sehr eng. Dann kam die Landwirtschaft und Menschen konnten andere mit Nahrungsmitteln versorgen. Die anderen wurden Handwerker, Berufskrieger, Organisatoren und Herrscher. 

3. Mit der Entfernung von der Natur wurde die Gesellschaft komplexer. Und die Religion machte diese Entwicklung mit.

Mit den Erkenntnissen 1 bis 3 kann man die Götterwelt der Germanen einordnen. 

Wir erkennen vier Arten von Göttern : Riesen, Wanen, Asen und Loki.

In der Urzeit standen die Menschen staunend vor Bergen, Flüssen, Seen, Meeren, Sümpfen, Gletschern, Fjorden. Diese Erscheinung stellten sich den Menschen in den Weg, forderten Opfer, zeigten ihre Größe, Gewalt und Unbesiegbarkeit. Die Menschen interpretierten diese Erscheinungen als Riesen. Das waren die ersten ältesten Götter der Germanen. 

Später verloren diese Erscheinungen ihre Schrecken. Flüsse, Meere und Berge wurden überwunden. Und wurden klein und beherrschbar. Die Riesen wurden zu Trollen. 

Nun rückten die nächsten Rätsel in den Vordergrund. Warum wurde es Tag und Nacht? Welche Kraft ließ einen Samen zum Baum werden? Warum starben Menschen? Was passierte nach dem Tod? Wer schenkte Fruchtbarkeit und wer ließ verdorren? Wanen hießen die Götter der Vorgänge und Abläufe der Natur. 

Die Menschen verließen die Urzeit und ihre Gesellschaft wurde komplexer. Es gab Herrscher, deren Macht vererbt wurde. Aus Herrscher-Geschlechtern wurden Götter-Geschlechter. Die Asen betraten die germanische Götterwelt. Die Asen personifizierten menschliche Eigenschaften wie Mut, Kriegskunst, Handwerk, Wut, Zorn, sinnliche Liebe. 

Allerdings kam dann der Wanenkrieg. Die Wanen riefen die Riesen um Hilfe gegen die Asen. Schließlich einigten sich Wanen und Asen auf eine gemeinsame Herrschaft. Beide besiegten die Riesen. Die waren die Dummen. 

Dieser mythische Krieg könnte bedeuten, dass die klassischen Germanen aus zwei Kulturen entstanden, die wohl nördlich des Schwarzen Meeres aufeinandertrafen. 

Die eine Kultur betete zu den Wanen, die andere zu den Asen. Man einigte sich und integrierte einander.

Beide Kulturen verließen ihre Urzeit und damit die alten Naturgeister. Die Riesen hatten als Götter ausgedient. Sie wurden zu Trollen. 

Okay. Riesen, Wanen und Asen haben wir unter. Und Loki? 

Loki ist eigentlich kein Gott. Loki ist ein Trickster. Er stammt aus der Urzeit und ist der Geist, der Böses will und Gutes schafft. Was wir ja bis heute so oft erleben.

Jedes Böse hat etwas Gutes. Dafür sind Trickster verantwortlich.

Dieses Prinzip ist durch Götter nicht erklärbar. Götter tun immer direkt: Sie tun Gutes oder Böses.

Unser christlicher Teufel ist ein Trickster.

Loki kommt aus der Urzeit. Er steht neben den Riesen, Wanen und Asen. Er ist die unbesiegbare Mücke des freien Geistes, die sticht und stänkert und nicht besiegt werden kann. Auch nicht von Riesen und Göttern. Und durch Vernunft? Ach Gott, Vernunft ist Lokis Energy Drink, sein Elixier. 

Loki kam mit uns aus der Urzeit und er wird an Bord sein, wenn wir zu den Sternen fliegen. 

Die Germanen hatten kein Buch wie die Bibel, kein Buch, das immer wieder erinnerte an die reine Lehre. Die germanischen Religion entstand und lebte und lebt durch Phantasie und Erzählungen.

Menschen verarbeiteten ihre Gedanken, Beobachtungen und Gefühle am Lagerfeuer oder am Herd. 

Menschen suchten Antworten und fanden diese in der Religion. Später glaubte man an die Vernunft oder den Dollar oder an dialektische Systeme. Auch diese Religionen fanden ihre Mythen und Legenden und Geschichten. 

Wenn es heute Fans gibt der alten Götter und Hollywood Filme dreht über Odin, Thor, Loki und Co, dann werden die alten Fäden weiter gesponnen. So lange wir von ihnen Geschichten erzählen, so lange bleiben die Götter lebendig. Und die alten Naturgeister? Die wimmeln in den Märchen und wuseln in Filmen. Und manchmal, manchmal veralbern sie die Götter. Und spotten der Vernunft. 

Michael Zeng 

Die Wiege der Europäischen Kultur und der Krieg


Das Alte Griechenland wird bezeichnet als Geburtsstätte unsere westlichen Welt:

Das alte Griechenland bestand aus Stadtstaaten. Athen und Sparta leuchteten hervor. Athen wurde durch Handel reich und leistete sich eine reiche Kultur. 

Sparta befand sich andauernd im rituellen Krieg mit seinen Untertanen, den Heloten. Jedes Jahr wurde rituell der Krieg erklärt. Dadurch waren Spartaner ständig kriegstüchtig und trainiert. Stolz lehnten sie es ab, um Sparta eine Stadtmauer zu errichten. Kein Feind traute sich, Sparta zu belagern. 

Die Perser wollten Griechenland erobern. 

Zweimal scheiterte eine persische Invasion Griechenlands. Die griechischen Stadtstaaten besiegten gemeinsam die Perser. 

Nach den Siegen über die Perser begann in Griechenland eine goldene Zeit von Reichtum, Kultur, Kunst und Überfluss - in Athen.

Sparta wurde neidisch und begann einen Krieg gegen Athen. Es musste bewiesen werden, dass spartanische Disziplin athenischer Dekadenz überlegen ist.

Athen und Sparta waren die mächtigsten Stadtstaaten des Alten Griechenlands. Sie führten jeweils Bündnisse mit anderen Stadtstaaten, blieben in diesen Bünden aber übermächtig führend.

Nach 27 Jahren Krieg siegte Sparta durch einen militärischen Zufall. 

Aber Griechenland lag in Trümmern. Athen wurde arm. Sparta wurde bedeutungslos, wurde eine Art Freilichtmuseum alter Größe. 

Das Goldene Zeitalter war vorbei. 

Das nutzte ein Bergvolk aus dem Norden. Die Makedonen unterwarfen Griechenland und unterwarfen unter ihrem König Alexander die Welt von Griechenland bis Indien. 

Griechenland wurde Hinterland und Kulturinsel. 

Dann kamen die Römer. Griechenland wurde römische Provinz. Und lieferte hauptsächlich Hauslehrer und gelehrte Sklaven ins römische Stammland. Die griechischen Hauslehrer kündeten von alter Größe Griechenlands, erzählten jungen Römern von Achilles und Odysseus. 

Die alten Spartaner starben aus.

Eine Renaissance fand die griechische Kultur im oströmischen Reich. Dort löste das Griechische Latein ab als Amtssprache. Das Christentum und der oströmische Staat nahmen eine griechische Färbung an. Die griechische Kultur setzte sich durch gegen die römische Kultur der Kaserne.

Von Kaiser bis Karneval, die Idee des Mittelalters

Das deutsche Mittelalter darf nicht in Nationalstaaten gedacht werden. Es muss in Ständen, Herrschaften und Ämtern gedacht werden. 

Es gab eine allgemeine Auffassung und Einteilung der Gesellschaft in Adel, Geistlichkeit und Bauern. Später kamen Bürger dazu als Handwerker und Händler. Nationen spielten keine Rolle. 

Die Geistlichkeit kümmerte sich um das Verhältnis zu Gott.

Der Adel beschützte Bauern und Bürger. Und garantierte Ordnung und Sicherheit und sprach Recht. Jedenfalls in der Theorie. In Erzbistümern und Bistümern übernahm die Geistlichkeit auch Aufgaben des Adels.

Bürger stebten danach, in ihren Städten die alten Aufgaben des Adels selbst zu erledigen. 

Der Adel verlangte zur Erfüllung seiner Aufgaben Steuern und Abgaben von den Bauern und Bürgern.

Der formale Rahmen für den Erhalt von Steuern und Abgaben waren Ämter und Rechte. Diese Ämter und Rechte wurden verliehen von der höheren Instanz oder wurden verhandelt oder militärisch erobert. 

Die höchsten menschlichen Institutionen, Kaiser und Papst, bekamen ihre Ämter von Gott. 

Auch andere Adlige rechtfertigten ihre Stellen als "von Gottes Gnaden".

Ab dem Hochmittelalter wurde immer deutlicher: Städte und ganze Länder kamen auch ohne Adel gut zurecht und konnten ihre Bürger und Bauern schützen. So wurde die Schweiz eine Demokratie. Und Reichsstädte regierten sich selbst. 

In diesem Zusammenhang gehören auch die Aufstände der Bauern ab dem 15. Jahrhundert: "Als Adam grub und Eva spann, wo war den da der Edelmann?"

Die französische Revolution beseitigte formal die alte Ordnung, ab sofort übernahmen Bürger einen ganzen Staat. Nur um dann einem Kaiser Napoleon zu folgen. Aber das Kaisertum Napoleons war eine bürgerliche Regierung. Es gab nach ihm noch andere Führer... 

Außerdem erfand die Französische Revolution die bürgerliche Nation als Gegenentwurf zu Stamm und adliger Herrschaft. 

Könige und Kaiser und Adelsherrschaft fanden ihr Finale im Ersten Weltkrieg. Millionen Menschen mussten sterben. 

Trotzdem lebt der Adel als Faszination noch fort in bestimmten Zeitschriften und indem Musiker und Fußballer als Könige und Kaiser bezeichnet werden. Ich war selbst im Karneval mal Prinz Michael II. und hatte ne Prinzessin Elisa I.



Göttingen und ich


Ich habe der Stadt Göttingen und ihrer Uni viel zu verdanken.

Dort durfte ich endlich studieren, was mir in der DDR nicht möglich gemacht wurde: Geschichte und Völkerkunde.

In der DDR hätte ich Diplom Bauingenieur werden können für Plattenbauten. Durch die Wende konnte ich mich an der Universität Göttingen einschreiben.

Ich wäre auch nach Jena gegangen, aber niemand wusste, was aus den ostdeutschen Universitäten wird. In Göttingen blieb alles beim Alten. Und Göttingen lag näher an Zuhause. Göttingen war aber eine andere internationale Welt.

In Göttingen durfte ich endlich mein Traum-Studium beginnen. Einfach so. Ich durfte erforschen, was mich interessierte: Geschichte und Indianer. 

Und ich fand beste Freunde aus ganz Deutschland und der Welt. Und ich fand eine riesige Bibliothek voller Wissen. Wahnsinn. Das war das Paradies. So viel Wissen in Büchern. Ich schwelgte. Wie 'ne Maus in ner Käserei. 

Mein Studium begann ich in einer Zeit, als in der Mensa für Ossis noch Plastic mit Plaste übersetzt wurde. Damit wir keine künstlerische Figuren in die entsprechenden Tonne warfen, sonder leere Jogurtbecher. Für ausländische Studenten gab es eine Einführung in den westdeutschen Alltag. Wir Ossis mussten alles selbst erfragen. Allerdings waren wir german nativ speakers. Das half. 

Bald war das vergessen. Und die Welt öffnete sich mir. Und auch die Stadt. Ich LEBTE in Göttingen, auch an den meisten Wochenenden und in den Ferien. Fast zehn Jahre lang. 

Und plötzlich hatte ich nach sechs Jahren den Magister-Titel. Ich, der native speaker aus dem Beitrittsgebiet, der zu Plastic Plaste sagte. Und der sich dreiviertel nach Um verabredete, statt viertel vor dem nächsten Um. Irgendwie so. Gut, dass es Digitaluhren gab. 

Ich hatte das erste Studium abgeschlossen. Ein Jahr lang musste ich den Abschluss in Latein machen, das Latinum, weil ich Latein nicht in der Schule hatte. 

In der DDR durfte ich auch nicht Archivwesen studieren. Das gelang mir endlich 30 Jahre danach. In der Fachhochschule Potsdam schaffte ich den Master in Archivwissenschaft. 

Eine große Sache: Mir gelang es, die Potsdamer Masterarbeit in Göttingen verteidigen zu dürfen. Der Erstgutachter war ein Professor in Potsdam, der Zweitgutachter mein Lieblingsprofessor in Göttingen. 

Beide Studien trafen sich in Göttingen, gaben sich die Hand und schenkten mir die Titel Magister und Master. 

So schloss ich schließlich de facto in Göttingen zwei Hochschul-Studien ab.

So schlossen sich Kreise. Das war toll. Das ist toll. Danke Göttingen.

Die geheimnisvolle Schwarze Sara

Foto: Kirche in Saintes-Maries-de-la-Mer im August 2023, mize2308
Foto: Kirche in Saintes-Maries-de-la-Mer im August 2023, mize2308

Das Dorf Saintes-Maries-de-la-Mer liegt in Südfrankreich an der Küste des Mittelmeeres, etwa 70 Kilometer westlich von Marseille. In der Krypta der Kirche steht die Figur der Heiligen Sara la Cali. Ein Treppe führt in den heiligen Keller. Der ist nur erleuchtet von vielen Kerzen. Deren Licht flackert. Nur die Figur der Sara erstrahlt gedämpft elektrisch. 

Der 25. Mai ist der Tag der Heiligen Sara. Sie beschützt die Menschen, die unterwegs sind. 

Sara la kali, Sara die Schwarze, gilt als Dienerin der Maria [der Mutter des] Kleophas und der Maria Salome von Galiläa.

Die beiden Marien waren Jüngerinnen von Jesus. Sie waren Mütter von Aposteln und erlebten die Kreuzigung mit. Nach der Kreuzigung flohen die beiden Marien nach Südgallien, in das Delta der Rhone, an die Küste des Mittelmeeres, südlich von Arles.

Dieser Ort ist wichtig für mich. 
Dort erreichte ich per Fahrrad das Mittelmeer. Dorthin zieht es mich immer wieder zurück. 

Sara war Ägypterin, später wurde sie als "Zigeunerin" gedeutet. Deshalb wählten die katholischen Sinti und Roma die schwarze Sara als Schutzheilige.

Die Heilige Schwarze Sara wird von der katholischen Kirche erwähnt, gehört aber nicht zu den privilegierten Heiligen. So wird katholisch-offiziell eher die Erzmutter Sarah am 9. Oktober verehrt oder Sara die Einsiedlerin am 13. Juli.

Die "gallische" Sara in Saintes-Maries-de-la-Mer diente den beiden Marien, wie eine Nonne ihrem Gott dient. 

Sara gilt als Erfinderin des Tarot, jenes geheimnisvollen Kartenspiels, das die Zukunft voraussagen kann. In den Karten des Tarot bleibt die Mythologie des Alten Ägyptens bewahrt. Das unterstützt die These, Sara sei Ägypterin gewesen. Sie muss sehr heidnisch gebildet gewesen sein, um sich so tief in der alten ägyptischen Mythologie auszukennen und dieses Wissen im Tarot zu verschlüsseln.

Andere glauben, die Figur der Sara stammt aus der kelt-iberischen Religion, die galt vor den Römern in Gallien. Sara war demnach eine uralte Mutter-Gottheit.

Die Figur der Sara wurde dann den biblischen Marien beigegeben, um das Christentum mit der alten Religion zu verbinden. Als Dienerin zwar, aber wir wissen um Macht und Einfluss persönlicher Dienerinnen auf ihre Herrschaft. Dienerinnen kennen die dunklen Geheimnisse ihrer Herrschaften. 

Zur Schwarzen Sara la Cali der Sinti und Roma führt ein anderer Pfad: Sinti und Roma stammen aus Indien. Dort mögen sie die Schwarze Kali verehrt haben. Die Kali, die Schwarze Göttin, ist älter als die hinduistischen Götter. Viel älter. Uralt. Ihre Wurzeln reichen zurück in die Urzeit, als die heiligen Mütter verehrt wurden.

Die Indoeuropäer verehrten die Hindu-Götter und schrieben die vedischen Texte in Sanskrit. Die Indo-Europäer wanderten von Norden her in Indien ein. Die alte Göttin Kali war schon dort als Göttin der Ur-Inder. Die Alten Mütter waren die ersten Göttinnen der Menschheit. 

Foto: Kirche in Saintes-Maries-de-la-Mer, mize2308