Es ging zuerst um den Tod vom Papst und es gab einen in der Kneipe, der alles zu allem wusste und das verkündete.
Ne, ich war's nich'. Aber er halt.
Der Einheimische meinte, es müsse doch nun endlich Regen geben, wenn alle so um den Papst weinen. Er wartete, bis alle den Witz erkannten.
Die Trockenheit sei schlimm, sagte der Einheimische. Alle seine Nachbarn haben Lämmchen bekommen. Er nicht. Am Bock könne es nicht liegen. Der war bei den anderen auch.
Der Allwissende meinte, er müsse den Bock länger bei seinen Schafen lassen.
Draußen regnete es kurz und heftig. Dann kam die Sonne wieder. Es müsse doch einen Regenbogen geben. Die Wirtin ging raus, kam wieder und sagte, es gäbe keinen Regenbogen. Alle seufzten.
Ein weiterer Einheimischer kam rein. Und wollte Flaschenbier mitnehmen. Er stieß eine Diskussion an über alkoholfreies Bier. Wir schüttelten alle die Köpfe über alkoholfreies Radler. Der Allwissende brachte das ins Spiel. Ich erklärte, das sei eben alkoholfreies Bier mit Zitronenlimonade.
Dann fachsimpelten wir, ob der Allwissende der neue Papst werden könne. Er wollte sich bewerben. Das ginge wohl nicht, er sei evangelisch. Eine ältere Katholikin, Langzeit-Touristin, meinte, das ginge auch so nicht. Wer Papst werden will, müsse vorher studiert haben und so.
Ihr zweiter Mann berichtete aus der WhatsApp-Gruppe seines Fußball(kuck)-Clubs: Ein Witzbold schrieb, er wolle sich auch als Papst bewerben, er rechne sich Chancen aus. Den "lustigsten" Grund habe ich vergessen. Ich warf ein, würde der WhatsApp-Gruppen-Komiker wirklich Papst, müsse er allen aus der Gruppe die Füße waschen. Die Katholikin war begeistert. Das Thema war aber nun vom Tisch der Männer.
Wir kamen zu den Problemen der Insel. Die Einheimischen vereinsamen. Das sei schon immer so gewesen, meinte der Allwissende. Die Frauen hatten von morgens bis abends zu tun mit Haushalt, Kindern, Kühen und Schweinen. Die Männer wären tagsüber auf'm Kutter (gewesen) und tränken abends dann lieber alleine Schnaps. Heute tun sie das wohl, ohne vorher auf'm Kutter gewesen zu sein. Diese Vermutung stand im Raum.
Alle erinnerten sich gern an die Tanztees letzten Winter. In einem Saal in Neuendort fanden die statt. Jeden Samstag von vier oder fünf bis um zehn. Da war was los. Man saß an Tischen, spielte Rommé oder Kanaster. Und die Frauen wollten aufgefordert werden. Wehe, das taten die Männer nicht.
Neuendorf ist mit Ortsteil Plogshagen das südlichste Dorf von Hiddensee, etwas abseits der beiden anderen drei Dörfer.
Leider beschwerte sich ein Nachbarn über den Lärm. Bis vor Gericht sei der gegangen, wusste die Katholikin. "Ein Selbstdarsteller", sagte der Allwissende. Alle fanden traurig, dass nun wieder nichts los sei in Neuendorf.
Und im Herbst kämen doch immer die einsamen Herzen nach Neuendorf. "Bei denen soll's dann das Meer wegblasen", meinte die katholische Langzeit-Touristin. Der Allwissende schwieg, dazu wusste er mal nix oder er wollte es nicht verkünden. Der Einheimische, der noch nie im Urlaub war, sah verträumt aus. Wollte schnell heim.
Ich zahlte und suchte den Sonnenuntergang. Da auf Hiddensee die Ostsee im Westen wogt, sind Sonnenuntergänge all inklusive.
Michael Zeng