„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ _Johann Wolfgang von Goethe

Nebukadnezar II. und die Bibel

Der babylonische König Nebukadnezar II. wird 91 Mal in der Bibel erwähnt. Er veränderte die jüdische Kultur und Religion. 

Der König Nebukadnezar II. herrschte im 6. Jahrhundert vor Christus. Er konnte als Herrscher der Stadt Babylon ein Reich erobern vom persischen Golf bis zur östlichen Küste des Mittelmeers. Das gelang durch militärische und politische Klugheit aber auch, weil die mächtigen Reiche der Assyrer und das Reich Elam gerade untergegangen waren. Auch Ägypten schwächelte. Die Supermächte hatten sich gegenseitig vernichtet. Nebukadnezar II. eroberte die Reste der großen Reiche und besiegte kleinere Völkerschaften. Er musste allerdings jedes Jahr entfernte Gebiete quasi neu erobern. Es gelang den Babyloniern nicht, ein stabiles Reich aus einem Guss zu schaffen. 

Ein entferntes Gebiet waren die Kleinreiche Israel und Juda. Nebukadnezar II. eroberte Jerusalem. Um seine Eroberung unter Kontrolle zu halten und auszubeuten, ließ er Gelehrte, Priester, Handwerker und Künstler nach Babylon verschleppen. Etwa 60 Jahre lang dauerte das Exil in Babylon. 

Das oben beschriebene Reich von Babylon hatte dem zentralistischem Reich der Perser nichts entgegen zu setzen. Die Perser eroberten Babylon und entließen die Juden aus ihrem Exil. Viele waren in der babylonischen Hierarchie aufgestiegen und hatten babylonisches Wissen aufgenommenen. Die Bibliotheken im Babylon quollen über vom Wissen der Jahrtausende. Die babylonische Mathematik und Astronomie war das Fundament des Wissens der Ägypter und Griechen. Die schrieben von den Babyloniern ab und entwickelten weiter. Die alten Babyloner konnten sich nicht mehr wehren. 

Für die Juden in Babylon war ihr Jerusalem ein überhöhtes Ideal geworden. Die jüdischen Gelehrten in Babylon rechtfertigen die Eroberung Jerusalems und ihr Exil, indem sie Nebukadnezar II. quasi als Werkzeug Gottes interpretierten. Er hatte Jerusalem bestraft für dessen Abkehr vom Glauben. Der babylonische König sei ein Werkzeug Gottes gewesen. 

Nun aber sollte alles besser werden und gottgefälliger. Aber als die babylonischen Juden zurück kamen nach Jerusalem, mussten sie feststellen: Auch Jerusalem hatte sich 60 Jahre lang weiter entwickelt. Die Stadt hatte sich der westlichen Welt geöffnet, Griechen, Phönizier, Ägypter brachten Waren und Ideen in die Stadt.

Aus dem Konflikt zwischen den babylonischen Heimkehrern und den Dagebliebenen entwickelte sich die jüdische Kultur weiter. Mittelmeerische Gedanken und babylonisches Wissen und jüdische Tradition fanden zusammen. Heraus kam das Alte Testament der Bibel, das weltweit wirkte und wirkt. So findet die jüdische Idee des einen unsichtbaren Gottes ihre Form. 

Und Nebukadnezar II.? Von ihm überliefert das Alte Testament seine Rolle als Werkzeug Gottes, als Prüfer der Juden im Exil, der immer wieder beeindruckt wurde von Wundern des jüdischen Gottes. 

Als Werkzeug Gottes und Bewunderer jüdischer Wunder konnte Nebukadnezar nicht ganz böse sein. Laut Altem Testament wurde er wahnsinnig und lebte sieben Jahre lang im Wald als Tier unter Tieren. Danach kehrte er zurück auf den Thron und lebte glücklich und zufrieden und fand den jüdischen Gott toll. Die sieben Jahre im Wald waren sehr wahrscheinlich eine literarische Strafe, quasi eine rethorische Buße, um Nebukadnezar biblisch zu rehabilitieren. Das vermutet man, weil die Story aus einer babylonischen Erzählung übernommen wurde. Eigentlich wird diese Entwicklung dem babylonischen König Nabonid zugeschrieben.