„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ _Johann Wolfgang von Goethe

Samstag, 8. Oktober 2016

STARKE FRAUEN, Teil 6: Radegunde von Thüringen

Radegunde in der ehemaligen Klosterkirche von Portiers
Radegunde in der ehemaligen Klosterkirche von Portiers
520 nach Christus wurde Radegunde in Thüringen geboren, wo heute die Mühlburg steht, eine der Drei Gleichen. Radegunde war die Tochter des Bruders des letzten Königs der Thüringer Herminafried.

Das Reich der heidnischen Thüringer bestand etwa 80 Jahre, es reichte vom Harz bis an die Donau. Das Heer der Thüringer wurde an der Unstrut vom Heer der Franken vernichtet. Die vielen Toten stauten die Unstrut. Ihr Blut färbte das Wasser rot. Die Sachsen hatten die Thüringer im Stich gelassen. Der letzte König der Thüringer starb durch eine List der Franken. Seine Familie wurde nach und nach ermordet. Nur Radegunde blieb am Leben. Sie war da etwa elf Jahre alt.

Die Franken demütigten die Thüringer tief. Sie mussten viele Jahrhunderte lang Schweine an die Franken liefern.

Der fränkische König Chlothar I. ließ Radegunde am Hof christlich erziehen. Sie lernte lesen und verschlang viele Bücher. Ihre gute Kleidung und ihr gutes Essen verschenkte Radegunde an die armen Kinder am Hof. Man meinte aus Barmherzigkeit. Ich glaube, weil sie keine Geschenke der Franken annehmen wollte.

Als Radegunde zwanzig war, zwang der König sie, ihn zu heiraten. Radegunde verwehrte ihm den Vollzug der Ehe. Das Angebot einer Scheidung lehnte sie ab. Alles, was der König ihr schenkte, gab sie an die Armen weiter.

Nach einiger Zeit vermachte der König Radegunde ein Kloster in Portiers. Die Stadt liegt zwischen Paris und dem Atlantik. Radegunde ließ sich nicht zur Äbtissin wählen. Sie wollte einfache Nonne bleiben. Aber sie war die Königin.

Bald kam der fahrende römische Sänger Fortunatus vorbei. Er blieb 23 Jahre im Kloster der Radegunde. Er reiste viel im Auftrag des Klosters, führte Verhandlungen. Ihm diktierte Radegunde ihre Geschichte. Nach ihrem Tod wurde Radegunde heilig gesprochen.

Foto und Text: Michael Zeng 

In der Kirche ihre Klosters hängt heute noch eine Thüringer Fahne.