Propaganda wird besonders ekelhaft,
wenn unbeteiligte Kunst dafür missbraucht wird. Ein Kunstwerk wird
missbraucht und verunglimpft.
So ein missbrauchtes Kunstwerk ist die
sinfonische Dichtung „Les Préludes“ von Franz Liszt.
Gegen den Missbrauch der Kunst durch
die Nazis sollten wir anhören.
Lauschen wir dieser wundervollen Musik.
Sie ist eine Dichtung in der Sprache der Musik und ein Loblied auf die Fanfare.
Im Jahr 1854 hat der Komponist das Werk
fertig gestellt. Das war fast 80 Jahre vor der sogenannten
Machtergreifung der Nazis. In den Kriegsberichten in der Wochenschau
im Kino diente das Hauptthema als Einleitung für die Berichte von
der Ostfront.
„Das ist doch die Kriegsmelodie“,
sagte meine Großtante noch 65 Jahre
nach Fünfundvierzig, als sie die Melodie zufällig hörte. Für die
Nazis war es die „Russland-Fanfare“! Von Sieg zu Sieg sollten die
Noten führen. Sie führte in den totalen Untergang. Wir wissen es.
Totaler Krieg führte zu totalem Untergang.
Die mussten Nazis tricksen, um die
schöne Musik von Liszt vergewaltigen zu können.
Der Komponist stellte den Noten
gleichzeitig zwei Widmungen voran.
Die Nazis veröffentlichten nur die
zweite:
„Dennoch trägt der Mann nicht
lang die wohlige Ruhe inmitten besänftigender Naturstimmungen, und
»wenn der Drommete Sturmsignal« ertönt, eilt er, wie immer der
Krieg heißen möge, der ihn in die Reihe der Streitenden ruft, auf
den gefahrvollsten Posten, um im Gedränge des Kampfes wieder zum
ganzen Bewusstwerden seiner selbst und in den vollen Besitz seiner
Kraft zu kommen.“
Dieses dumpfe Getöse kam den Nazis
gelegen.
Nun tönte die Wochenschau bis zum
Untergang.
Die Nazis verschwiegen die erste
Widmung, die der Komponist der zweiten voran stellte:
„Was anderes ist unser Leben, als
eine Reihenfolge von Präludien zu jenem unbekannten Gesang, dessen
erste und feierliche Note der Tod anstimmt? ...“
Aber machen wir wieder gut, was die
Nazis dem Werk von Liszt angetan haben, vergessen wir auch dessen
Vorwort. Genießen wir die schöne Musik.
Wir dürfen das? Wir dürfen!
Wir kennen alle den Radetzkymarsch! Der
belebt jedes Silvesterkonzert der Wiener Philharmoniker. Der
populäre beschwingte Marsch ist gewidmet dem österreichischen
General Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz. Der Marsch feiert den
Sieg von 1848 der österreichischen Armee in einer brutalen Schlacht gegen die
Aufständischen auf Sardinien. Die kämpften für ihre Freiheit gegen
die österreichische Fremdherrschaft und verloren.
Und trotzdem schmettert der
Radetzkymarsch!