„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ _Johann Wolfgang von Goethe

Sonntag, 29. März 2020

Die LEGENDE vom König SCHACH

Ein König herrschte selbstgerecht und grausam. Einen weisen Mann störte das und er erfand ein Brettspiel bei dem der König abhängig ist von seinem Hof,  seiner Königin, seinen Beratern und seinem Heer und alle von den Bauern.

Der König lernte das Spiel lieben und verstand dessen Weisheit. Er ließ das Spiel in seinem Reich verbreiten.

Das Spiel hieß Schach.

Der König wollte den weisen Mann belohnen. Und bot ihm an, er könne sich wünschen, was er wolle. Ach, sagte der weise Mann, ich wünsche mit nur Weizenkörner. Auf dem ersten Feld des Schachbrettes ein Korn, auf dem zweiten zwei, auf dem dritten vier und so weiter, immer die doppelte Anzahl.

Der König lachte sehr und war ärgerlich, weil sich der weise Mann so wenig wünschte... Schließlich könne er als König größere Wünsche erfüllen... 

Der Wunsch des Weisen ergibt 2 hoch 64 minus 1 Körner. Also:
18.446.744.073.709.551.615 
Das sind 18,45 Trillionen.
Tausend Körner wiegen vierzig Gramm. Dann wären das 730 Milliarden Tonnen Weizen. 
Das wäre das 972-fache der Welt-Weizen-Ernte von 2017.

Nach einer Weile fragte der Weise beim König nach, wo das Getreide bliebe... 
Die Mathematiker am Hof und der Schatzmeister gerieten in Panik... 

Der Hofnarr wusste Rat: Er empfahl dem König, er solle dem weisen Mann sagen, er gäbe ihm das Korn nur, wenn der weise Mann die Körner nachzähle. Jeder solle unbedingt wissen, dass der König seine Versprechen auch genau erfülle...

Hermann Hesses Geduld

Geduld ist das Schwerste und das Einzige,
was lernen sich lohnt.
Alle Natur, alles Wachstum,
aller Friede, alles Gedeihen und
Schöne in der Welt beruht auf Geduld,
braucht Zeit, braucht Stille,
braucht Vertrauen.

_Hermann Hesse 



Samstag, 28. März 2020

Frühling mit Fontane


Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
»Er kam, er kam ja immer noch«,
die Bäume nicken sich's zu.

Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuß auf Schuß;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muß.

Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.«

O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh',
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du!

_Theodor Fontane

Freitag, 27. März 2020

Glück nach Hermann Hesse

Glück

Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist. 

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst, 

Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz - und deine Seele ruht.

_Hermann Hesse

Mittwoch, 25. März 2020

Sänger von DAF gestorben

Machte die Neue Deutschen Welle hart

Der Sänger der Band Deutsch Amerikanische Freundschaft (D.A.F.) gestorben. Gabi Delgado wurde 61 Jahre alt. 

1978 gründete Delgado D.A.F. Mit anderen jungen Musikern der Ruhrpott-Szene wollte man provozieren.

Aber wie? Rock war zu altbacken. Punk war auch nur Rockmusik.

Die Lösung: Provozieren mit Texten und harten Elektro-Beats. D.A.F. rief das Publikum auf: "Tanz den Mussolini, tanz den Adolf Hitler, beweg Deinen Hintern, klatscht in die Hände."

Die elektronische Härte von D.A.F. inspirierte Bands wie Depeche Mode und Ramstein.


Montag, 23. März 2020

Er ist's

Vor 188 Jahren starb Goethe

Goethe auf einem Gemälde von Stieler 1828. Quelle: Wikipedia.

Heute vor 188 Jahren starb Johann Wolfgang von Goethe.

Er dachte und dichtete groß, wenn nicht am größten im deutschen Sprachraum. Menschlich hatte Goethe allerdings ein paar Schwächen. Wie's so is'.

Goethes Hauptwerk sind der erste und zweite Teil der Tragödie über den Dr. Faust.

Worum geht's?

Gott und der Teufel Mephisto wetten, dass Mephisto Faust vom rechten Weg abbringen könne. Mephisto glaubt das erreichen zu können, indem er Faust jeden Wunsch erfüllt, bis dieser keinen Wunsch mehr hat. Darum wettet Mephisto mit Faust. Er glaubt, damit den Frust von Faust ausnutzen zu können. 

Mephisto nimmt Faust mit auf eine Zauber-Reise. Gemeinsam loten sie die (negativen) Möglichkeiten der bürgerlichen Welt aus und reisen dann durch die Zeit von der Antike bis zu Goethes Gegenwart. 

Die Entwicklung zeigt Goethe an den drei großen Monologen des Faust.

Faust Monolog am Anfang vor der Begegnung mit Mephisto:

"Habe nun, ach! Philosophie, 
Juristerei and Medizin, 
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. 
Da steh' ich nun, ich armer Tor, 
Und bin so klug als wie zuvor! 
Heiße Magister, heiße Doktor gar, 
Und ziehe schon an die zehen Jahr'
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum -
Und sehe, dass wir nichts wissen können! 
Das will mir schier das Herz verbrennen. 
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen, 
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen; 
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel, 
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel -
Dafür ist mir auch alle Freud' entrissen, 
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen, 
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, 
Die Menschen zu bessern und zu bekehren. 
Auch hab' ich weder Gut noch Geld, 
Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt; 
Es möchte kein Hund so länger leben! 
Drum hab' ich mich der Magie ergeben, 
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund; 
Dass ich nicht mehr mit sauerm Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß; 
Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält, 
Schau' alle Wirkenskraft und Samen, 
Und tu' nicht mehr in Worten kramen."

Faust Monolog am Ende seiner großen Reise mit Mephisto:

"Ich bin nur durch die Welt gerannt;
Ein jed' Gelüst ergriff ich bei den Haaren,
Was nicht genügte, ließ ich fahren,
Was mir entwischte, ließ ich ziehn.
Ich habe nur begehrt und nur vollbracht
Und abermals gewünscht und so mit Macht
Mein Leben durchgestürmt; erst groß und mächtig,
Nun aber geht es weise, geht bedächtig.
Der Erdenkreis ist mir genug bekannt,
Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt;
Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet,
Sich über Wolken seinesgleichen dichtet!
Er stehe fest und sehe hier sich um;
Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm.
Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen!
Was er erkennt, läßt sich ergreifen.
Er wandle so den Erdentag entlang;
Wenn Geister spuken, geh' er seinen Gang,
Im Weiterschreiten find' er Qual und Glück,
Er, unbefriedigt jeden Augenblick!"

Und die große Erkenntnis von Faust am Ende seines Lebens, was das Größte ist, was ein Mensch erreichen kann.

Faust hat gerade erlebt, wie Menschen sich mit Dämmen und Deichen ein Stück Sumpfland vom Meer erobern. Urbar machen. Und dieses Land als freie Menschen bewohnen und gemeinsam schützen und erhalten:

"Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
Verpestet alles schon Errungene;
Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
Das Letzte wär' das Höchsterrungene.
Eröffn' ich Räume vielen Millionen,
Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen.
Grün das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde
Sogleich behaglich auf der neusten Erde,
Gleich angesiedelt an des Hügels Kraft,
Den aufgewälzt kühn-emsige Völkerschaft.
Im Innern hier ein paradiesisch Land,
Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,
Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.
Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
Das ist der Weisheit letzter Schluß:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß.
Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
Solch ein Gewimmel möcht' ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblicke dürft' ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Erdetagen
Nicht in Äonen untergehn. –
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß' ich jetzt den höchsten Augenblick."

Quelle Foto Wikipedia, nach einem Gemälde von Stieler 1828.

Sonntag, 22. März 2020

Ode an die Freude von Friedrich Schiller

Heute um 18 Uhr haben viele Musiker die Ode an die Freude gespielt und gesungen. Sie setzten ein Zeichen für die Hoffnung und Freude in dieser schweren Zeit.

Den Text zur Ode an die Freude stammt von Friedrich Schiller, unserem Nationaldichter:

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu sein,
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja - wer auch nur eine Seele
sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt.
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,
Und ertrage dein Geschick,
Neuer Frühling gibt zurück,
Was der Winter dir genommen.

Und wie viel ist dir geblieben!
Und wie schön ist noch die Welt!
Und, mein Herz, was dir gefällt,
Alles, alles darfst du lieben!

_Heinrich Heine 
aus dem Zyklus Heimkehr aus seinem Buch der Lieder.

Samstag, 21. März 2020

Wandern in Gedanken

Heute ist Welttag der Poesie.
Ein Gedicht für Wanderungen in Gedanken...

Neuer Frühling

Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute —
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus, bis ans Haus,
Wo die Blumen sprießen,
Wenn du eine Rose schaust.
Sag, ich lass sie grüßen.

_Heinrich Heine, 1797-1856

Mittwoch, 18. März 2020

Nach Corona um halb sechs im "Kelch"


Po válce v půl páté v "kalichu".

_Ausruf des braven Soldaten Swejk im Roman von Jaroslav Hašek. 

Der Brave Soldat Swejk verabredet sich mit seinem Kneipen-Kumpel: "Nach dem Krieg um halb sechs im Kelch."

"Zum Kelch" heißt eine Gaststätte in Prag.

Der Schriftsteller Hašek verulkt mit seiner Figur Schwejk den Militarismus Österreichs vor und im Ersten Weltkrieg. 

Der Ausruf Swejks macht Hoffnung, dass auch Weltkatastrophen wie ein Weltkrieg vorbeigehen und das Leben wieder schön wird und weitergeht.


Kultur ist Slow Food

Wer Zuhause hocken muss, könnte sich mal Zeit nehmen, ein längeres Gedicht zu lesen.

Und das Lesen langsam genießen, die Strophen langsam wirken zu lassen.

Das schützt und bewahrt unsere Kultur.

In der Schule mussten wir unter Druck lehrplanmäßig erkennen, was uns der Dichter damit sagen will. Dabei sagen es uns die Dichter direkt. Nur waren es eben keine Fast-Food-Texter. Sie stellen Ansprüche an die Leserinnen und Leser. Gute Gedichte wollen langsam genossen sein wie guter Wein. 

Alles, was langfristig gut ist, wirkt langsam.

Hier ein Gedicht von Schiller zum langsam genießen.

DIE SPRÜCHE DES KONFUZIUS

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu, kein Zaubersegen
Kann die stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reise,
Nimm die zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner Tat.
Wähle nicht die fliehende zum Freund,
Nicht die bleibende zum Feind.

Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn Unterlass
Strebt die Länge; fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts musst du streben,
Nie ermüdet stillestehn,
Willst du die Vollendung sehn;

Musst ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe musst du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

_Friedrich Schiller

Der Frühling ist ein Gedicht von Hölderlin

Der Frühling

Wie selig ist′s, zu sehn, wenn Stunden wieder tagen,

Wo sich vergnügt der Mensch umsieht in den Gefilden,

Wenn Menschen sich um das Befinden fragen,

Wenn Menschen sich zum frohen Leben bilden.

Wie sich der Himmel wölbt, und auseinander dehnet,

So ist die Freude dann an Ebnen und im Freien,

Wenn sich das Herz nach neuem Leben sehnet,

Die Vögel singen, zum Gesange schreien.

Der Mensch, der oft sein Inneres gefraget,

Spricht von dem Leben dann, aus dem die Rede gehet,

Wenn nicht der Gram an einer Seele naget,

Und froh der Mann vor seinen Gütern stehet.

Wenn eine Wohnung prangt, in hoher Luft gebauet,

So hat der Mensch das Feld geräumiger und Wege

Sind weit hinaus, dass einer um sich schauet,

Und über einen Bach gehen wohlgebaute Stege.


Samstag, 14. März 2020

Toilettenpapier vor 1.431Jahren erstmals in China erwähnt

Zuerst schriftlich erwähnt wurde Toilettenpapier im 6. Jahrhundert in China:

Ein chinesischer Gelehrter schrieb im Jahr 589, er würde nie wagen, Papier für die Toilette zu benutzen, das mit religiösen oder philosophischen Texten beschriftet sei. 

Im europäischen Altertum wurden die Blätter der Pestwurz benutzt und im Mittelalter Stoffreste oder zerschnittene Lumpen. 

Irgendwann gab es Toilettenpapier als Einzelblätter. Aber schon früh parfümiert oder mit Balsam getränkt. 

Unser modernes Rollenpapier mit Perforation wurde 1897 erstmals erwähnt in einer Fachzeitschrift der Papierindustrie. Erwähnenswert war die Verwendung von eigentlichem Packpapier für hygienische Zwecke. 

Freitag, 13. März 2020

Wie die Anemonen in die Welt kamen

Eines Tages tuschelten die Wurzeln der Bäume mit den Pilzen auf dem Waldboden: "Die Wipfel unserer Bäume sind immer so arrogant. Sie tun dicke, weil sie die Sterne sehen dürfen, die Sterne und ihren Hirten, den Mond. Wir pumpen Wasser und Mineralien nach oben noch und noch und wir halten den Baum. Und die Wipfel halten sich für was Höheres als wir hier unten auf und im Boden."

Die Wurzeln und die Pilze erzählten ihre Sorgen dem Schmetterling. Der flatterte zur Betteleiche mitten im Hainich. Die war die tausend Jahre alte Fürstin der Bäume und war frei vom Ehrgeiz, die höchste zu sein. Die Betteleiche wusste, die hohen und die gerade Bäume, die sich recken, die werden gefällt. Die krummen Bäume werden alt. 
Die Betteleiche hatte beste Beziehungen zum Himmel. Sie duzte sich mit dem Mond. Die Betteleiche erzählte dem Mond vom Ärger der Pilze und Wurzeln.

Der Mond wurde nachdenklich. Er bat Gott um Hilfe. Gott grübelte. Und gab das Problem an den Mond zurück.

Der Mond wusste, er ist der Hirte der Sterne. Gott hat sie ihm anvertraut. Die Sterne aber wollten nicht auf den Waldboden.

Der Mond ging zu Flora, der Königin aller Pflanzen: "Liebe Flora, möchtest Du den Pilzen und Wurzeln nicht helfen. Sie mühen sich und mühen sich. Und möchten so gern die Sterne sehen." Und Flora besprach sich mit Gott, der half: Flora durfte Sternenstaub aus der Milchstraße über den Wald streuen.

Und so kamen die Anemonen auf die Erde. Und weil sie keine echten Sterne sind, leuchten sie nur im Frühjahr für kurze Zeit. Und so bekamen die Wurzeln und die Pilze ihre eigenen Sterne. 

Michael Zeng, 2019

Donnerstag, 12. März 2020

Goethes Facebook

Dr. Faust und Mephisto wetten, dass Mephisto Faust nicht zufriedenstellen kann. Der Teufel wettet also gegen den ständigen Forscherdrang, gegen die Neugier des Menschen.

Faust ist ein schon älterer Mann. Mephisto will Faust ständig neue Versuchungen erleben lassen. Dazu muss Faust wieder jung gemacht werden.

Mephisto führt Faust zu einer Hexe. Die soll in ihrer Küche einen Trank brauen, der Faust wieder jung macht. Dazu zitiert die Hexe unter viel Brimborium einen langen komplizierten Zauberspruch aus ihrem Zauberbuch.

Faust kommentiert das:
Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber.

Mephisto:
Das ist noch lange nicht vorüber,
Ich kenn’ es wohl, so klingt das ganze (Face)Buch;
Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommner Widerspruch
Bleibt gleich geheimnissvoll für Kluge wie für Thoren.
Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drey und Eins, und Eins und Drey
Irrthum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narr’n befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabey doch auch was denken lassen.

Hexe:
Die hohe Kraft
Der Wissenschaft,
Der ganzen Welt verborgen!
Und wer nicht denkt,
Dem wird sie geschenkt,
Er hat sie ohne Sorgen.

Dr. Faust:
Was sagt sie uns für Unsinn vor?
Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
Mich dünkt, ich hör’ ein ganzes Chor
Von hundert tausend Narren sprechen.

Mal langsam statt schnell

Friedrich Schiller interpretiert Konfuzius. Es tut so gut, mal in einen Text tief einzutauchen, nachzudenken und Schlüsse zu ziehen durch tiefes Lesen.

Das zu mehren und tiefe Schönheit zeigen, das will ich. Aber ich brauchte eine Pause.  Seit einigen Wochen lese ich Facebook nur. 

Aufgefallen ist mir die ungeheure Hetze dort. 

"Hetze" in beiden Sinnen: als sich und andere unter Zeitdruck setzen. Oder andere mit der eigenen Meinung unter Druck setzen, setzen zu wollen, und andere zu Antworten zu treiben.

Meist werden stark verkürzte Meldungen geteilt, die dann noch verkürzter etikettiert werden. Zweck: Transport de eigenen Meinung. Und wenn es ja nur die eigene Meinung wäre, oft ist es eine aufgewärmte andere Meinung. Die wird höchsten mit eigenem Senf versehen. Die Wurst bleibt eine fremde.

Scheißegal, was sich wirklich hinter einer Meldung verbirgt, scheißegal, was in der Tiefe liegt. Hauptsache, was an der Oberfläche schwimmt oder zu schwimmen scheint, kann dazu dienen, meine Meinung unters Volk zu bringen.

Wir sollten uns überlegen, was im analogen Leben an Oberflächen schwimmt...

Und das Zweitschlimmste: Leute, die im wahren Leben behaupten, sie ließen sich von niemanden was sagen, springen auf Facebook über jedes Stöckchen, das ihnen hingehalten wird: "Ich bin ein süßes Hündchen. Ich bin traurig, weil niemand mein Bild teilt..." Der Welpe hat nichts davon. Es sei denn, er soll adoptiert werden. Was schwierig ist, weil er gemalt wurde.   

Das Drittschlimmste: Im Analogen nerven nur einzelne oder kleine Gruppen von Leuten mit überproportional mehr Meinung als Wissen. Auf Facebook wird das zum Massenphänomen, das Ausmaß der Epidemie wird deutlich.

Bildungsferne strahlt als der neue Horizont. Niemanden treibt mehr Neugier, was hinter dem eigenen Horizont liegt. Wir meinen lieber als zu wissen. Das passt, weil Meinung mit Wissen verwechselt wird. Meinen wird vermeintlich zu Wissen.  Das ist wie: Ich muss nur weit genug vom Kirchturm weggehen, dann passt der Turm in meine Streichholzschachtel.

Zurück zu Schiller und der Insel des genüsslichen tiefen und langen Denkens:  Die Dichter der Weimarer Klassik setzten sich auseinander mit fernöstlicher Weisheit. Die ist so anders als jüdische und christliche Religion. Obwohl: Es gibt Verbindungen. Wohl universelle Weisheit.

Dieses Gedicht von Friedrich Schiller umfasst viel Verständnis vom Wesen der Zeit und des Menschen.

Unser Nationaldichter beschäftigt sich mit der Stellung des Menschen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und dem ständigen Wandel zwischen diesen Zeiträumen. Was jetzt noch Zukunft scheint, verwandelt sich gleich in Gegenwart und

Mittwoch, 11. März 2020

Schiller interpretiert Konfuzius

Die Sprüche des Konfuzius

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu, kein Zaubersegen
Kann die stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reise,
Nimm die zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner Tat.
Wähle nicht die fliehende zum Freund,
Nicht die bleibende zum Feind.

Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn Unterlass
Strebt die Länge; fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts musst du streben,
Nie ermüdet stillestehn,
Willst du die Vollendung sehn;

Musst ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe musst du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

_Friedrich Schiller

Samstag, 7. März 2020

Starke Frauen Teil 9: VOGTEIERIN vertreibt fürstliche Kommission

Im Jahre 1786 wollten die Obrigkeit in der Vogtei eine neue Holzordnung einführen. Das kam bei den Vogteiern nicht gut an. Eine Kommission sollte die neue Ordnung umsetzen. Die Obrigkeit rückte an mit Beamten und Vermessern. Zur Sicherheit auch mit Soldaten. Der Vogteier Wald sollte neu vermessen werden. Die Vogteier Männer diskutierten und schimpften und regten sich auf mit großen Worten. Die alte Regina Willig aus Langula handelt. Sie holte eine Axt und ging auf den Vermesser zu:
„Wenn Du die Hand nochmal an die Messrute legst, Du Hund, so haue ich Dir die Kochen vom Leibe.“
Das war dem Vermesser und der ganzen Kommission dann doch zu viel. Der Chef der Kommission murmelte was wie, das müsse alles nochmal geprüft werden. Die Kommission mitsamt der Soldaten verschwand aus der Vogtei und ward nicht mehr gesehen.
Regina Willig wurde im Triumphzug nach Hause getragen! Die Vogteier behielten ihre alte Holzordnung und die Laubgenossenschaften.
Vgl. Herwig: „Die ganerbschaftliche Vogtei Dorla, Dorla und Langula vor dem Hainich“ 1876, Seite 86 - 87.