„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ _Johann Wolfgang von Goethe

Mittwoch, 18. März 2020

Kultur ist Slow Food

Wer Zuhause hocken muss, könnte sich mal Zeit nehmen, ein längeres Gedicht zu lesen.

Und das Lesen langsam genießen, die Strophen langsam wirken zu lassen.

Das schützt und bewahrt unsere Kultur.

In der Schule mussten wir unter Druck lehrplanmäßig erkennen, was uns der Dichter damit sagen will. Dabei sagen es uns die Dichter direkt. Nur waren es eben keine Fast-Food-Texter. Sie stellen Ansprüche an die Leserinnen und Leser. Gute Gedichte wollen langsam genossen sein wie guter Wein. 

Alles, was langfristig gut ist, wirkt langsam.

Hier ein Gedicht von Schiller zum langsam genießen.

DIE SPRÜCHE DES KONFUZIUS

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu, kein Zaubersegen
Kann die stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reise,
Nimm die zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner Tat.
Wähle nicht die fliehende zum Freund,
Nicht die bleibende zum Feind.

Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn Unterlass
Strebt die Länge; fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts musst du streben,
Nie ermüdet stillestehn,
Willst du die Vollendung sehn;

Musst ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe musst du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

_Friedrich Schiller